Umfeld

FernUniversität in Hagen, Bildungswissenschaften

Bachelor-Studierende

Durchführung: mehr als 3-mal,   15 CP und  8 SWS

 Anzahl der Studierenden: ca.240 Studierende (eingeschrieben im Modul), ca.65 (welche die Prüfung im Modul ablegen)

In welchem Umfeld habe ich mein Angebot zum forschenden Lernen umgesetzt?

Das Angebot zum forschenden Lernen wird in einem medienpädagogischen Modul im Bachelorstudiengang Bildungswissenschaft an der FernUniversität in Hagen umgesetzt, an der das Fernstudium mit einem Blended-Learning-Konzept durchgeführt wird. Die Betreuung erfolgt über das Lernmanagementsystem Moodle und wird durch synchrone Veranstaltungen in Form von Vorlesungen, Seminaren, Workshops und Sprechstunden – digital und/oder in Präsenz – ergänzt. Mit diesen unterschiedlichen Formaten verfolgt die FernUniversität das Ziel, die Bedürfnisse der heterogenen Studierendenschaft, die überwiegend in den DACH Ländern, aber auch in der Welt verteilt sind, zu begegnen. 80% der Studierenden an der FernUniversität sind berufstätig und die Studienzeit liegt somit häufig in den Abendstunden oder an den Wochenenden. Das erfordert von den Studierenden ein hohes Maß an Eigenleistung in Bezug auf die Planung und Durchführung des Lernens. Demnach sind Fähigkeiten des selbstregulierten Lernens zentral.   
Das Modul ist in der Abschlussphase des Studiums angesiedelt und fokussiert neben definierten Fachkompetenzen insbesondere die Vorbereitung und Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit. Die Studierenden planen also eine eigene Forschungsarbeit, die sie im Kontakt mit einer Betreuungsperson ausarbeiten und schließlich durchführen. Didaktisch wird für diesen Prozess ein typischer Forschungszyklus mit dem Lernzyklus nach Kolb (Wildt, 2009) in den Semesterverlauf integriert. Aufgabe der Studierenden ist es, ein individuelles Fallbeispiel im fachlichen Kontext des Moduls zu entwickeln und in ihrer Hausarbeit zu analysieren, zu diskutieren und gleichzeitig dabei auf die begrifflichen wie theoretischen Grundlagen des jeweiligen Themenfeldes zurückzugreifen.  
Eine weitere Besonderheit dieses Moduls besteht darin, dass es in die Forschung des AI.EDU Research Labs 2.0 des Forschungsschwerpunkts CATALPA eingebunden ist. Das Lab erforscht und entwickelt KI-Anwendungen für die einzelnen Forschungsphasen des Moduls. So entstanden und entstehen derzeit verschiedene technische Unterstützungen, wie z. B. ein personalisierter Vorwissenstest, ein KI-Quiz zur selbstständigen Wissensüberprüfung oder Empfehlungssysteme, die bei der Themenfindung unterstützen sollen.  

Umfeld

Grund

Ein persönliches professionelles Anliegen

Was war der Grund dafür, dass ich mich für das forschende Lernen entschieden habe?

Der Hauptgrund für die Einführung des forschenden Lernens war, dass die Studierenden in Vorbereitung auf die Bachelorarbeit lernen sollten, einen kompletten Forschungszyklus selbstständig zu durchlaufen und Interesse am eigenen Forschen zu entwickeln. Darüber hinaus stellte die Aufgabe, in der Hausarbeit ein selbst erarbeitetes Fallbeispiel vorzustellen und dieses in der Arbeit unter Rückgriff auf wesentliche Begriffe und zentrale theoretische Grundlagen zu analysieren, zu diskutieren und abschließend die zentralen Erkenntnisse zu reflektieren, eine gute Möglichkeit dar, das eigenständige Arbeiten der Studierenden zu fördern. Zudem eignet sich forschendes Lernen vor allem im Hinblick auf die neuen Möglichkeiten, die generative KI bietet: So führt die komplexe Lernarchitektur des forschenden Lernens einerseits dazu, dass die Studierenden die Potenziale der generativen KI nicht ausnutzen und andererseits, dass sie die neuen technischen Möglichkeiten in unterschiedlichen Phasen des Forschungszyklus ausprobieren können. Dies ist zwar ein nachträglicher Grund, bestärkt uns aber darin, dass wir mit dem forschenden Lernen ein geeignetes didaktisches Prinzip für dieses Modul gewählt haben. 

Umfeld

Umsetzung

1 Semester lang

In eine Veranstaltung eingebettet

Curricular verankert & verpflichtend

Forschungsprozess: bei Bedarf unterstützt

Feedback: Peers, Lehrende

Forschungsergebnisse: intern

Wie ist mein Lehrangebot zum forschenden Lernen genau beschaffen?

In diesem Modul besteht die Prüfungsleistung aus einer fallbasierten Hausarbeit. Die Aufgabe liegt darin, im Verlauf des Semesters die Idee für ein eigenes Forschungsprojekt zu entwickeln, es auszuarbeiten und schließlich durchzuführen. Dazu durchlaufen die Studierenden Forschungsaktivitäten und -Herausforderungen (Recherche, Themenfindung und -auswahl, Generierung einer zentralen Fragestellung etc.). Anders als bei vielen anderen Angeboten zum forschenden Lernen arbeiten die Studierenden nicht in Gruppen, sondern führen ihr Forschungsprojekt individuell durch, erhalten aber durch verschiedene Präsentations- und Diskussionsmöglichkeiten Feedback und Einblicke aus den Forschungsprojekten ihrer Mitstudierenden. Bei näherer Betrachtung handelt es sich hierbei um zentrale Forschungskompetenzen, die für eine sichere Handhabung mehrfach durchlaufen und erprobt werden müssen. An dieser Stelle bietet es sich daher an, Forschen und Lernen handlungsorientiert zu verknüpfen. Einzelne Aktivitäten entlang des gesamten Semesters werden begleitet und unterstützt. Ziel ist es, die vorhandenen Erfahrungen und thematischen Interessen der Studierenden einzubeziehen und einzelne Forschungsschritte zu vertiefen.

Abbildung 1: Lernen und Forschen im Modul des B.A. Bildungswissenschaft

In der ersten Phase – Erarbeitung der Lerneinheiten (5 Wochen)

In der ersten Semesterphase erarbeiten die Studierenden die Lerneinheiten selbstgesteuert in Eigenarbeit. Die Reflexion und der Austausch untereinander sowie mit den Betreuenden erfolgen über die Diskussionsforen in Moodle und in synchronen Veranstaltungen.

Identifikation des Forschungsinteresses

Einstieg in die Planung der Hausarbeit über drei leitende Aufgaben:

  1. Erstellung eines Fallbeispiels
  2. Verknüpfung des Fallbeispiels mit den Inhalten der Lerneinheiten
  3. Formulierung einer ersten Idee eines Themas und einer leitenden Fragestellung

Betreuung über Moodle



  1. Teilnahme an der Forschung des ALEDU Research Labs 2.0
  2. 1:1 Betreuung zur Ausarbeitung des individuellen Themas
  3. Recherche und Auseinandersetzung mit dem Literaturfächer auf Moodle

Online-Veranstaltungen



  1. Online-Sprechstunde zum Projekt ALEDU Research Lab 2.0
  2. Seminar zum wissenschaftlichen Arbeiten
  3. Wissenschaftlich Schreiben mit KI

Die zweite Phase befasst sich zunächst in Eigenarbeit mit der Vorbereitung der Hausarbeit, dann in Form einer 1:1-Betreuung über Moodle.
Phasen – Vorbereitung einer Hausarbeit (10 Wochen)

Themen

  • Verhältnis zwischen Medien und Bildung
  • Grundlagen zu den Begriffen der medialen Bildung und Medienkommunikation
  • Einflüsse von digitalen Medien auf Bildung anhand aktueller Phänomene (z. B. Big Data), mögliche Zukunftsszenarien (z. B. Smart Learning) und medienethische Konsequenzen (z. B. digitale Souveränität)
  • Datafizierung des Lehrens und Lernens
  • Zentrale Bereiche der Medienpädagogik: Verständnis von Medienbildung und Medienkompetenz, Kenntnisse über Mediennutzungs-Verhalten, Auseinandersetzung mit Medienwirkung und -sozialisation
Betreuung über Moodle

  • Kooperative Bearbeitung der Lerneinheiten mittels PDF-Annotationsfunktion
  • Auseinandersetzung mit Materialien auf Moodle: Quizze, Zeitleiste zur Entwicklung der Medienpädagogik
Online-Veranstaltungen

  • Einführung in das Modul

Die in der Hausarbeit zu bearbeiteten Fragestellungen können recht unterschiedlich sein und spiegeln die verschiedenen Forschungsinteressen wider. So beschäftigte sich z. B. eine Studierende mit der Frage, welche Chancen und Grenzen das Large Language Model GPT-3.5 für Studierende beim forschenden Lernen für das Erstellen einer wissenschaftlichen Hausarbeit im Hochschulkontext bietet, während eine andere Studierende untersuchte, inwiefern der gezielte Einsatz von Tablets in der Grundschule die Entwicklung der Medienkompetenz von Schüler*innen beeinflusst.

Das Schreiben der Hausarbeit ist für die dritte Phase des Semesters vorgesehen.

Umsetzung der Planung der Hausarbeit

Verfassen der Hausarbeit (6Wochen ab Anmeldung)

 
Betreuung der Themen

  • Offene Online-Sprechstunde zur Hausarbeit
  • Online-Vorlesung KI und Didaktik bei Prof. Dr. de Witt
  • Online-Infoveranstaltung zu Abschlussarbeiten im Lehrgebiet
 
Online-Veranstaltungen

Rückmeldung zur Prüfungsleistung mit kommentierter Hausarbeit und ausführlichem kriteriengeleiteten Kommentarbogen

Anmerkung: kursive Veranstaltungen sind modulübergreifende Angebote

Durch die neuen technischen Möglichkeiten der generativen KI wurde das Modul so angepasst, dass die Studierenden die generative KI in den verschiedenen Phasen nutzen können und z. B. Textfragmente für ein Fallbeispiel erstellen können. Anschließend überarbeiten die Studierenden die mit generativer KI erstellten Inhalte und dokumentieren die genutzten Tools transparent in einem Hilfsmittelverzeichnis im Anhang der Hausarbeit. 

Umfeld

Spannungen

Selbst- und Fremdorganisation

Studentische Kompetenzentwicklung und Anforderungen des Forschungsprozesses

Einzelne Phasen und dem gesamten Forschungsprozess

Arbeitsvolumen und verfügbaren Ressourcen bei Lehrenden

Arbeitsaufwand und dem formal berechneten Zeitaufwand für Studierende

Veranstaltungsplanung und Anpassung infolge der Dynamik beim forschenden Lernen


Welche Spannungen ergeben sich beim forschenden Lernen?

Den Studierenden gelingt es zumeist schnell, ein thematisches Interesse auf der Basis der Lerneinheiten, eigenen Vorerfahrungen aus dem Grundstudium und Interessen zu benennen. Die Überführung des eigenen Interesses in einen Forschungsplan mit Themenstellung und Generierung einer zentralen Fragestellung stellt eine Herausforderung dar. Die Formulierung einer objektiven, zentralen Fragestellung steht einer häufig interessengeleiteten und damit emotional behafteten Themenauswahl gegenüber. Diese auf den ersten Blick leichte Aufgabe erweist sich nach kurzer Zeit als eine starke Unsicherheit: „Passt das Thema zum Modul?“ Was ist der bildungswissenschaftliche/medienpädagogische Bezug? Was ist eigentlich eine literaturbasierte Hausarbeit?“ Zur Lösung dieser Problematiken benötigen die Studierenden Zeit zur Reflexion und Geduld, welche oft im Widerspruch zu einer häufig berufstätigen Studierendenschaft der FernUniversität stehen, die ihr Studium in der oftmals knappen Freizeit absolvieren. Der Prozess des forschenden Lernens mit der Entwicklung eines eigenen Forschungsprojektes, der Planung der fallbasierten Hausarbeit inkl. einer Reflexion benötigt zeitliche Ressourcen, die nicht allen Studierenden zur Verfügung stehen.   
Aus Sicht der Lehrenden ist die individuelle und thematisch sehr unterschiedliche 1:1-Betreuung intensiv und zeitaufwändig. Die Interaktion mit den Studierenden erfolgt über Moodle, schriftlich und asynchron. Teilweise fällt es den Studierenden schwer, ihre Forschungsideen im Forum zu verschriftlichen und nachvollziehbar darzustellen. Auch werden Rückmeldungen der Betreuungspersonen nicht immer genau gelesen und schnelle Antworten eingestellt, sodass nicht alle Hinweise der Betreuungspersonen Berücksichtigung finden. Die asynchrone Betreuung stellt dann teilweise eine zusätzliche Herausforderung dar, da der Zeitraum bis zu einer Rückmeldung variieren kann. 

Umfeld

Wirkung

Nachgehen eines Forschungsinteresses

Erwerb von Schreibkompetenzen

Erwerb von methodischen Kompetenzen

Erkennen von Zusammenhängen von Studieninhalten

Auseinandersetzung mit Fachliteratur

Welchen Einfluss entfaltet mein Angebot zum forschenden Lernen?

Das Modul ermöglicht es den Studierenden, einen vollständigen Forschungszyklus zu durchlaufen und dabei theoretisches Wissen, methodische Kenntnisse und praktische Forschung miteinander zu verbinden. Diese intensive Erfahrung führt dazu, dass die Studierenden mit mehr Selbstvertrauen in die Abschlussphase ihres Studiums gehen und weniger Probleme beim Verfassen ihrer Bachelorarbeit haben. Auch sind die Studierenden in der Lage, grundlegende Forschungsherausforderungen anzugehen, Bedürfnisse zu äußern und Fragen zu formulieren – ein Effekt, der wahrscheinlich auf die offene Kommunikation über Moodle zurückzuführen ist.  
Darüber hinaus hat die Integration generativer KI in die Forschung den Effekt, dass die Studierenden die Möglichkeiten dieser Technologie besser einschätzen können und lernen, wo die Technologie an ihre Grenzen stößt. Dies kann ein erster Schritt in Richtung einer KI Literacy sein und die Studierenden beim Erlernen eines verantwortungsbewussten und reflektierten Umgangs mit generativer KI im Studium unterstützen.  
 

Flaschenpost
  • Prof. Dr. Claudia de Witt, Silke Wrede, M.A., Farina Veller B.A.
  • FernUniversität in Hagen
  • 2024
  • Dieses Praxisbeispiel findet an der FernUniversität in Hagen statt und beschreibt, wie forschendes Lernen im Bereich der Bildungswissenschaften in einem Blended Learning-Format umgesetzt wird.

  • Fallbeispiel oder Praxisbericht (z.B. Projektbeschreibung)
  • Text/Textdokument
  • Deutsch
  • CC BY SA (unsere Empfehlung: Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)
  • Witt, Claudia de, Wrede, Silke & Veller, Farina (2024). Bildungswissenschaftliches Forschen im Blended Learning-Format. Insel der Forschung: Beispiele & Good Practices.
  • Bildungswissenschaft