Umfeld

Justus-Liebig-Universität Gießen, Erziehungswissenschaften

1-3 Master-Studierende pro Semester

Durchführung: mehr als 3-mal, 14 CP

In welchem Umfeld habe ich mein Angebot zum forschenden Lernen umgesetzt?

Meine Umsetzung forschenden Lernens bezieht sich auf die Initiierung, Begleitung und Evaluation von forschungsorientierten Praktika am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Gießen. In diesen Praktika wird ein didaktisches Format unseres Instituts erforscht, das von den Studierenden selbstständig geplant, durchgeführt und evaluiert wird. Bei dem zu untersuchenden Format handelt es sich um ein praxisorientiertes Tutorienprogramm für die Erziehungswissenschaft (Tut!). Bei diesem Programm sind neben dem Praxisbezug vor allem die Eigeninitiative, die Freiwilligkeit und die Selbstbestimmung auf Seiten der studentischen Tutor:innen bestimmende Elemente. Studierende, die den Masterstudiengang Erziehungswissenschaft an unserem Institut absolvieren, müssen ein forschungsorientiertes Praktikum (FOP) absolvieren. Einige Tutor:innen und auch Teilnehmer:innen des Tutorienprogramms machen dieses Praktikum beim Tut! und erforschen bestimmte Aspekte des Programms. Mein Angebot zum forschenden Lernen ist also ein forschungsorientiertes Praktikum, in dem das erziehungswissenschaftliche Tutorienprogramm erforscht wird. Dabei nehme ich eine Doppelrolle ein: Ich bin mit einer halben Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Projektleitung, Koordination und Evaluation von Tut! angestellt und betreue außerdem Studierende, die als FOP-Praktikant:innen dieses Tutorien-Programm erforschen.

Umfeld

Grund

Persönliches professionelles Anliegen

Impuls aus meinem Umfeld

Was war der Grund dafür, dass ich mich für das forschende Lernen entschieden habe?

Das oben beschriebene Tutorienprogramm Tut! ist aus einer studentischen Initiative heraus entstanden, kontinuierlich gewachsen und dabei reflexiv weiterentwickelt worden. Treibende Kraft der Evaluation, Reflexion und Weiterentwicklung war das Team der studentischen Tutor:innen. Tut! ist somit eine lernende Organisation. In diesem Kontext war die Entwicklung des Forschungsinteresses quasi selbstverständlich und das Angebot eines forschungsorientierten Praktikums eigentlich nur die Möglichkeit der Formalisierung und Institutionalisierung. Als kontinuierlicher Begleiter von Tut! ist mir eine umfassende Evaluation und Erforschung des Programms sehr wichtig, da ich ebenso wie das studentische Team daran interessiert bin, die Möglichkeiten selbstbestimmter studentischer Lehre weiter zu erforschen. So kann ich durch die Unterstützung von Studierenden beim forschenden Lernen im Rahmen von forschungsorientierten Masterpraktika einerseits den Studierenden vermitteln, wie erziehungswissenschaftliche Forschung gestaltet werden kann und andererseits neue Erkenntnisse über das Tutorien-Programm gewinnen, die mir helfen, es besser zu verstehen oder/und Handlungsempfehlungen zu bestimmten Aspekten zu erhalten.

Umfeld

Umsetzung

Ein Semester lang oder länger (abhängig vom Projekt), ein eigenes Format

Curricular verankert & verpflichtend

Forschungsprozess: selbstständig

Feedback: Peers & Lehrende

Forschungsergebnisse: teilweise öffentlich

Wie ist mein Lehrangebot zum forschenden Lernen genau beschaffen?

Das forschungsorientierte Praktikum ist als Modul des Masterstudiengangs teilweise vorstrukturiert, hat aber eine große Offenheit in der Gestaltung. Die Studierenden arbeiten weitgehend selbständig und bestimmen den Forschungsprozess und dabei auch den Rhythmus der Besprechungen mit mir.

Zunächst kommen interessierte Studierende in meine Sprechstunde und wir entwickeln gemeinsam eine erste Forschungsfrage. Diese kann im Laufe der Zeit verändert und differenziert werden. Meistens haben die Studierenden durch ihre vorherige Arbeit im Tut! schon einige Forschungsfragen „mitgebracht“. Diese verändern sich aber fast immer durch die Sichtung des gesamten bereits vorhandenen Datenmaterials und der bereits durchgeführten Forschungsarbeiten. Die folgenden Fragen sind Beispiele aus bereits durchgeführten Projekten: Welche Schwierigkeiten werden in den Reflexionsgesprächen der Tutor*innen benannt und welche Lösungen werden dafür gefunden? Erfüllt das Tut! seine selbstgestellten Anforderungen? Was sind die Vor- und Nachteile der Online-Tutorien?

Auch die Forschungsmethoden können bis zu einem gewissen Grad selbst bestimmt werden, da die Studierenden entsprechende Seminare besuchen. Ich nehme hier eher eine beratende Rolle ein und diskutiere mit den Studierenden, inwiefern sich die gewählte Methode als geeignet oder ungeeignet erweist.

Über die Forschung im Rahmen des Praktikums wird ein Bericht verfasst. Dieser wird benotet und gilt als Modulabschlussprüfung. Der Bericht und seine Benotung sind außerdem Gegenstand eines Feedback- und Reflexionsgesprächs. Einige der Berichte wurden anschließend von ihren Autor:innen zusammengefasst und gemeinsam publiziert. In jedem Fall werden die Ergebnisse der Forschungspraktika im Tut!-Team diskutiert und fließen so in die Weiterentwicklung des Projekts ein.

Umfeld

Spannungen

Selbst- und Fremdorganisation

Studentischere Kompetenzentwicklung und Anforderungen des Forschungsprozesses

Einzelnen Phasen und dem gesamten Forschungsprozess

Arbeitsvolumen und verfügbaren Ressourcen bei Lehrenden

Welche Spannungen ergeben sich beim forschenden Lernen?

Das größte Spannungsfeld ergibt sich leider aus den – immer zu geringen – Ressourcen. Eigentlich ist die Betreuung von forschungsorientierten Praktika in meiner Tätigkeit nicht vorgesehen. Aus Interesse an der Sache mache ich es trotzdem. Das führt natürlich dazu, dass ich manchmal weniger intensiv betreuen kann, als ich möchte, und dass ich meine Zeit sehr effektiv einteilen muss. Dieses Spannungsfeld versuche ich dadurch aufzulösen, dass ich immer nur ein oder zwei Studierende betreue, um mich wirklich auf ihr Thema einlassen und sie ganzheitlich unterstützen zu können. Dennoch fehlen mir oft die Kapazitäten und ich würde mir mehr Zeit wünschen, um mich mit den Studierenden über ihre Forschungsprojekte auszutauschen.

Ein weiterer – allerdings produktiver – Widerspruch ist der zwischen dem ambitionierten, idealisierten Erkenntnisinteresse und den klar eingrenzbaren Erkenntnismöglichkeiten in einer „kleinen“ Forschung, z. B. einer Interviewstudie. Hier muss ich mit den Studierenden Schritt für Schritt erarbeiten, wie das Forschungsfeld sinnvoll eingegrenzt werden kann. Das ist gerade am Anfang für viele Studierende eine Herausforderung, weil sie das Gefühl haben, in ihrer eigenen Forschung etwas ganz Wichtiges und Großes herausfinden zu müssen, was aber gar nicht unbedingt das Ziel ist. Vielmehr geht es darum, sich für die Forschung zu begeistern, Methoden richtig anzuwenden und konkrete Forschungsfragen im Detail zu bearbeiten. Hier versuche ich, den Studierenden eine realistische Einschätzung zu vermitteln und ihnen klarzumachen, dass auch eine kleine wissenschaftliche und systematische Untersuchung einen großen Wert hat. Wichtig ist vor allem, dass die Studierenden lernen, die Methode richtig anzuwenden, sie zu vertiefen und nicht aus dem Wunsch heraus, ein besonders großes Thema zu bearbeiten, unsauber und oberflächlich zu arbeiten.

Umfeld

Wirkung

Entwicklung und Ausleben von forschender Neugier

Anknüpfung an bestehende Forschung

Erwerb von methodischen Kenntnissen

Erkennen von Zusammenhängen zwischen Studieninhalten

Welchen Einfluss entfaltet mein Angebot zum forschenden Lernen?

Das Angebot des forschenden Lernens führt dazu, dass die Studierenden im Rahmen ihrer forschungsorientierten Praktika vor allem einen Kompetenzzuwachs erfahren. Auch habe ich den Eindruck, dass gerade die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Tutorien-Programm, in das sie oft selbst involviert waren, zu einer Steigerung der Selbstwirksamkeit und der Sinnhaftigkeit des eigenen Forschens führt.

Neben den Master-Studierenden wirkt sich die studentische Forschung natürlich auch auf das Tutorien-Programm aus. Das Projekt Tut! profitiert von den empirischen Erkenntnissen und kann so kontinuierlich datengestützt weiterentwickelt werden. So entsteht bei den beteiligten Studierenden aus dem Tutorium-Programm und den Master-Studierenden eine Forschungskultur, die Studierende der Erziehungswissenschaft für die Bedeutung von Forschung sensibilisiert und zeigt, wie praktische Tutorien zu ganz unterschiedlichen Themen mit theoretischen und empirischen Zugängen untersucht werden können.

Aber nicht nur die verschiedenen Studierendengruppen profitieren von den forschungsorientierten Praktika. Auch ich als Tut!-Koordinator lerne immer wieder Neues über das Projekt und seine verschiedenen Facetten

Die Ergebnisse einiger Forschungsprojekte zu Tut! können hier eingesehen werden.

Flaschenpost
  • Carl Eberhard Kraatz, M.A.
  • Justus-Liebig-Universität Gießen, Universität
  • 2024
  • Die hier vorgestellten forschungsorientierten Praktika richten sich an Masterstudierende der Erziehungswissenschaft und untersuchen verschiedene Aspekte des Tutorienprogramms Tut!

  • Fallbeispiel oder Praxisbericht (z.B. Projektbeschreibung)
  • Text/Textdokument
  • Audio
  • Deutsch
  • CC BY SA (unsere Empfehlung: Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)
  • Kraatz, Carl Eberhard (2024). Forschungsorientierte Praktika in den Erziehungswissenschaften über das Tutorien-Programm Tut!. Insel der Forschung: Beispiele & Good Practices.
  • > 3. Master Semester
  • Erziehungswissenschaften