Umfeld

Universität Mannheim & Universität Hamburg,  Wirtschaftswissenschafte

20 Master-Studierende

Durchführung: 2–3-mal, 6 CP & 2 SWS

In welchem Umfeld habe ich mein Angebot zum forschenden Lernen umgesetzt?

Das Angebot zum Forschenden Lernen wurde an der Universität Mannheim an der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre im Fachbereich Management und an der Universität Hamburg im Fachbereich Sozialökonomie vom Lehrstuhl für Nachhaltiges Wirtschaften durchgeführt. Es richtete sich an der Universität Mannheim an Studierende des Masterstudiengangs Management und ist nun an der Universität Hamburg in den Masterstudiengang Innovation, Business and Sustainability integriert. Studierende erhalten für die erfolgreiche Teilnahme und den Abschluss des Seminars an der Universität Hamburg 6,0 Credit Points. Die Größe der Gruppe beträgt circa 20 Studierende.

Umfeld

Grund

Persönliches professionelles Anliegen

Impuls aus meinem Umfeld

Was war der Grund dafür, dass ich mich für das forschende Lernen entschieden habe?

Bei der Konzeption unserer Lehrveranstaltung verfolgten wir mehrere Ziele. Wir wollten den Studierenden einen Zugang zur qualitativen Forschung eröffnen, Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbinden und die Forschungsergebnisse auf kreative Weise in Form einer Videodokumentation veröffentlichen. Dabei war es uns besonders wichtig, dass die Studierenden eine eigene Forschungsfrage entwickeln, diese empirisch erforschen und die Ergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Universität präsentieren. Dabei war uns vor allem wichtig, dass die Forschungsprojekte über die Hochschule hinauswirken und Studierende lernen, wie fundierte Wissenschaftskommunikation durch den Einsatz von Video aussehen kann. Treibend hierbei ist unser Ansatz, dass Studierende durch eigenes Handeln und die kreative Umsetzung einer Aufgabenstellung zum Lernen aktiviert werden. Um diese verschiedenen Ziele didaktisch sinnvoll miteinander zu verbinden, haben wir nach einem geeigneten Lehrformat gesucht und sind auf das forschende Lernen gestoßen. Der Grund für den Einsatz des Forschenden Lernens in einer Lehrveranstaltung war also an die inhaltlichen Ziele geknüpft und mit dem Wunsch nach Wissenschaftskommunikation mit Hilfe von Videos verbunden.

Umfeld

Umsetzung

1 Semester lang & in eine Veranstaltung eingebettet

Curricular verankert & optionales Angebot

Forschungsprozess: bedarfsorientierte Unterstützung durch Lehrende

Feedback: Peers & Lehrende

Forschungsergebnisse: öffentlich

Wie ist mein Lehrangebot zum forschenden Lernen genau beschaffen?

Das Angebot zum forschenden Lernen findet im Rahmen einer einsemestrigen Lehrveranstaltung über einen Zeitraum von circa drei Monaten statt und kann anhand von drei Phasen beschrieben werden.

1. Phase: Die erste Phase zeichnet sich durch zwei Schwerpunkte aus: Der erste Schwerpunkt liegt auf der inhaltlichen Auseinandersetzung, während der zweite eine technische Komponente fokussiert und den Studierenden die Grundlagen der Videoproduktion vermittelt.

Zu Beginn des Kurses erhalten die Studierenden von den Lehrenden wissenschaftlichen Input zum jeweiligen Forschungsthema des Semesters. In der Vergangenheit waren diese Themen zum Beispiel Nachhaltigkeit an der Uni Hamburg (bzw. an der Uni Mannheim), Messung von sozialer Wirkung, Social Entrepreneurship, oder nachhaltige Stadtentwicklung. Je nach Thema wird ggf. ein/e Guestspeaker:in eingeladen, der/ die zu dem Thema von Praxisseite berichtet.

Anschließend erhalten die Kursteilnehmenden von einem professionellen Videotutor und Universitätsmitarbeitenden der Medientechnik verschiedene technische Inputs zu Konzepten und Techniken des Filmens, zum filmischen Storytelling sowie zum praktischen Filmen und Schneiden. Diese Inputs finden teilweise als Vorlesung in der großen Seminargruppe statt oder als Workshopformat in den kleinen Arbeitsgruppen, sodass die Studierenden möglichst “hands on” lernen, wie sie mit der Videokamera umgehen oder wie sie die Schneidesoftware benutzen können.

Auf Basis dieser beiden Schwerpunkte erarbeiten die Studierenden in Kleingruppen (ca. 3-5 Studierende) ihre Forschungsinhalte und die darauf aufbauende Videodokumentationen selbständig. In diesem Zusammenhang ergaben sich beispielsweise folgende Forschungsfragen: Welche Auswirkungen haben Social-Intrapreneurship-Programme in Unternehmen auf die Mitarbeitenden und wie beeinflussen diese Programme das sozialunternehmerische Verhalten der Mitarbeitenden? Ist das Konzept der „Corporate Democracy“ eine Utopie oder ein realistisches Governance-Modell? Wie können Hochschulen die Nutzung nachhaltigerer Verkehrsmittel durch ihre Studierenden und Mitarbeitenden fördern?Wie können Universitäten vielfältiger und integrativer werden?

2. Phase: In der Mitte des Seminars präsentieren die Arbeitsgruppen ihre Zwischenergebnisse. Sie erhalten Feedback von den Lehrenden und ihren Kommiliton:innen. Darüber hinaus bieten die Lehrenden während des gesamten Kurses flexible Sprechstunden an, die die Studierenden bei Bedarf in Anspruch nehmen können. In diesen Sprechstunden geben die Lehrenden Feedback zu Inhalten und filmischer Umsetzung und unterstützen bei der Identifizierung und Kontaktaufnahme mit relevanten Stakeholder:innen. Darüber hinaus können die Studierenden jederzeit auf die Angebote der Medientechnik der Hochschule zurückgreifen und dort Sprechstunden in Anspruch nehmen oder Material ausleihen.

3. Phase: Am Ende des Seminars werden die Videodokumentationen im Rahmen eines Filmfestivals öffentlich präsentiert und diskutiert. Neben der Videodokumentation als Hauptprüfungsleistung ist von jeder Arbeitsgruppe am Ende des Kurses eine kurze schriftliche Arbeit einzureichen, die ebenfalls bewertet wird und in der die Studierenden die Möglichkeit haben, den gesamten Prozess der Videoerstellung zu reflektieren.

Umfeld

Spannungen

Selbst- und Fremdorganisation

Fachlicher und überfachlicher Kompetenzentwicklung

Veränderten Lehrenden-Rolle und der vorhandenen Lehrtradition

Welche Spannungen ergeben sich beim forschenden Lernen?

In der Veranstaltung erleben wir verschiedene Spannungen, die sich auf unterschiedliche Aspekte des Formats beziehen.

Ein generelles Spannungsfeld zeigt sich vor allem zwischen der selbstständigen Arbeit der Studierenden und den vorgegebenen Strukturen im Seminar, die z.B. durch inhaltliche Inputs entstehen. In diesem Zusammenhang kann es vorkommen, dass bestimmte (von uns vorgegebene) Inputs nicht für alle Arbeitsgruppen zum richtigen Zeitpunkt behandelt werden. Da wir die individuelle und eigenständige Organisation der Gruppen als wichtig erachten und als Vorbereitung für weitere Forschungsaktivitäten (z. B. für die Masterarbeit) sehen, nehmen wir dieses Spannungsfeld allerdings gerne in Kauf.

Eine weitere widersprüchliche Situation ergibt sich aus der Verbindung von wissenschaftlichem Arbeiten (z. B. durch theoretische Fundierung der Forschungsfragen) und der Erstellung von Videodokumentationen, die praxisorientiert sein sollen. Somit müssen die Studierenden in dieser Lehrveranstaltung unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden: Einerseits sollen sie Kriterien akademischer Forschung berücksichtigen, andererseits ist es wichtig, dass der Prozess und die Ergebnisse innerhalb des Videos leicht verständlich und auch für Nicht-Wissenschaftler:innen nachvollziehbar sind. Diesem Widerspruch versuchen wir entgegenzuwirken, indem wir die Forschungsfragen in einem Diskurs mit relevanten Stakeholder:innen diskutieren und so Theorie, Empirie und Praxis miteinander verbinden. Die Einbindung von Außenstehenden birgt aber auch ein Spannungsfeld: So ist es das Ziel der Projekte, öffentlich zu wirken und die Ergebnisse möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass es sich dabei um teilweise sehr persönliche Einblicke und sensible Problemstellungen handelt. Dies macht es teilweise schwierig, die für das jeweilige Thema relevanten Interviewpartner:innen zu gewinnen. Da aber die Akquise von geeigneten Personen in der empirischen Forschung oft problematisch ist, erachten wir diese Erfahrung für die Studierenden als wertvoll, versuchen sie aber dennoch bei der Gewinnung von Praxispartner:innen zu unterstützen.

Umfeld

Wirkung

Interdisziplinäres Arbeiten

Anknüpfen von bestehender Forschung

Zusammenarbeit mit externen Projektpartner:innen

Welchen Einfluss entfaltet mein Angebot zum forschenden Lernen?

Die intendierten Wirkungen waren zum einen, dass die Studierenden durch das Videoseminar gesellschaftlich relevante Forschungsfragen kreativ bearbeiten und in kurzen Videodokumentationen anschaulich darstellen. Während des Seminars erhielten die Studierenden so thematischen Input aus Forschung und Praxis und wurden darüber hinaus in Konzepte und Techniken des Filmens und Storytellings eingeführt. Auf diese Art und Weise wurde den Studierenden vor Augen geführt, wie Wissenschaftskommunikation gelebt werden kann und wie es möglich ist, wissenschaftliche Ergebnisse auch für die Zivilgesellschaft aufzubereiten.

Zweitens wurde durch die Einbindung und Aktivierung von Stakeholder:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein Austausch initiiert und neue Impulse zu Nachhaltigkeitsthemen gesetzt. Ein darauf aufbauender nicht intendierter Effekt war das Interesse der Universität Hamburg an den Ergebnissen der Studierenden zum Thema nachhaltige Hochschule. So führten die Relevanz der Forschungsfragen für die Universität Hamburg und der einfache Zugang über das Videoformat dazu, dass einige der Arbeitsgruppen nach Seminarende von universitätsinternen Stakeholder:innen kontaktiert wurden. Bei diesem Austausch ging es darum, über die Erkenntnisse zu berichten, die die Studierenden bei der Erstellung der Videodokumentation gewonnen hatten. Auf diese Weise konnten die Studierenden direkt in wichtige Entscheidungsprozesse an ihrer Hochschule eingebunden werden, die sie unmittelbar betreffen. Darüber hinaus waren viele der Studierenden auch nach der Erstellung der Videodokumentation motiviert, weiter an der Problematik zu arbeiten und sich aktiv an der Hochschule einzubringen (z. B. durch die Teilnahme an längerfristigen Arbeitsgruppen mit anderen Studierenden und Hochschulangehörigen). Ein ungünstiger Nebeneffekt könnte allerdings sein, dass derzeit (noch) nicht alle Themen gleich stark vorangetrieben werden. Wenn die Studierenden nach der Lehrveranstaltung feststellen, dass es für “ihr” Thema (noch) keine Einbringungsmöglichkeiten gibt, könnte dies auch demotivierend auf sie wirken.

Die Ergebnisse des forschenden Lernens sind öffentlich und können hier und hier eingesehen werden.

Flaschenpost
  • Christina Kannegießer, M.Sc. & Prof. Dr. Laura Marie Edinger-Schons
  • Universität Hamburg
  • 2024
  • Das hier vorgestellte Angebot zum forschenden Lernen findet in den Wirtschaftswissenschaften statt und beschäftigt sich mit den Themen nachhaltiges Wirtschaften und Videodokumentation.

  • Fallbeispiel oder Praxisbericht (z.B. Projektbeschreibung)
  • Deutsch
  • CC BY SA (unsere Empfehlung: Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)
  • Kannegießer, Christina & Edinger-Schons, Laura Marie (2024). Sustainability Documentaries – Nachhaltigkeit forschend lernen und kreativ kommunizieren?. Insel der Forschung: Beispiele & Good Practices.
  • Wirtschafts- und Sozialwissenschaften